Entscheidung mit Signalwirkung für die Baubranche
Mit Beschluss vom 23.05.2024 (Az.: 9 U 424/24 Bau) hat das Oberlandesgericht (OLG) München klargestellt: Bauträger können sich nicht pauschal auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie berufen, um Verzugsansprüche abzuwehren. Entscheidend ist eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung, wie und in welchem Umfang pandemiebedingte Umstände den Baufortschritt tatsächlich behindert haben.
Hintergrund des Verfahrens
Ein Erwerber machte Schadensersatz wegen Bauverzugs geltend. Der Bauträger verwies auf Lieferengpässe und Personalausfälle im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Das OLG sah hierin jedoch keinen ausreichenden Vortrag, um das gesetzlich vermutete Verschulden am Bauverzug (§ 286 Abs. 4 BGB) zu entkräften.
Kernaussagen des Gerichts
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Pauschale Hinweise auf die Pandemie reichen nicht aus. Es bedarf detaillierter Angaben: Welche Leistungen waren betroffen? Wann traten welche Störungen auf? Wie lange hielten sie an? Und welchen konkreten Einfluss hatten sie auf den Gesamtbauablauf?
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Das Gericht folgt damit der Linie anderer Obergerichte, wonach die sogenannte „bauablaufbezogene Darlegungslast“ auch in Pandemiefällen gilt.
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Die Berufung des Bauträgers wurde zurückgewiesen. Der Bauträger haftet für den eingetretenen Verzugsschaden.
Bedeutung für die Baupraxis
Für Bauunternehmen und Bauträger ist dieses Urteil von hoher Relevanz. Es macht deutlich, dass außergewöhnliche äußere Umstände – wie eine Pandemie – nicht automatisch eine Haftungsbefreiung begründen. Entscheidend bleibt die dokumentierte und prüffähige Darstellung der Auswirkungen auf den konkreten Bauablauf.
Tipp aus der Praxis:
Werden Verzögerungen erkennbar, sollten alle relevanten Störungen, deren Ursachen und Auswirkungen auf den Terminplan nachvollziehbar dokumentiert werden. Nur so lässt sich im Streitfall eine fundierte Entlastung gegenüber dem Bauherrn darstellen.
Entscheidung im Überblick
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Gericht: OLG München
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Datum: 23.05.2024
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Az.: 9 U 424/24 Bau
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Schwerpunkt: Bauzeitverzögerung, Corona-Pandemie, Darlegungslast
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Wesentliche Aussage: Pauschale Hinweise auf Pandemieeffekte genügen nicht zur Entlastung von Verzug
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